Es ist Anfang Januar. Ich stehe mit meiner Kamera vor unserem Alten- und Pflegeheim in Grünau. Heute sollen dort die Bewohner und das Personal gegen COVID-19 geimpft werden. Davon will ich Bilder machen. Drinnen ist schon eifriges Gewusel. Die Johanniter, die das heutige mobile Impfteam stellen, bauen gerade ihr mobiles Büro auf: EDV-Technik zum Einlesen der Chipkarte und Verarbeiten der Patientendaten, Check-In-Bereich, Check-Out.
Bevor ich mir alles anschauen kann, muss ich mich erst einmal einem Corona-Schnelltest unterziehen. Nach 15 Minuten Wartezeit habe ich dann das Ergebnis: negativ. Ich bin erleichtert und gehe los.
Wegen der geforderten Abstandsregeln durch die Coronapandemie sind Cafeteria und Speisesaal im Pflegeheim schon lange nicht mehr als Gemeinschaftsräume in Benutzung. Heute hat das Impfteam hier Stellung bezogen.
Im hintersten Bereich, da wo die meiste Ruhe herrscht, wird konzentriert gearbeitet. Eine Apothekerin bereitet dort mit ihrer Assistentin den Impfstoff auf. Das klingt erst einmal sehr unspektakulär. Aber ich merke, sie haben eine hohe Verantwortung. Der Impfstoff sei hochsensibel, erklärt mir die Apothekerin. Er verträgt keine Erschütterung und muss, wenn er einmal in eine Spritze aufgezogen wurde, innerhalb von einer Stunde verimpft werden. Akkordarbeit für die beiden Mitarbeiterinnen, um rechtzeitig genügend Impfdosen bereitzustellen. Dabei arbeiten sie im Vier-Augen-Prinzip. Jede aufgezogene Spritze wird von der anderen kontrolliert: auf die korrekte Dosis und auf eventuelle Verfärbungen oder Ausfällungen. Sollten die letzten beiden Sachen entdeckt werden, wäre der Impfstoff unbrauchbar. Und das wollen sie bei der knappen Impfstofflage unbedingt vermeiden!
Unterdessen sind die ersten Bewohner des Alten- und Pflegeheims im Erdgeschoss eingetroffen. Viele von ihnen sind aufgeregt, wissen nicht so genau, was da auf sie zukommt. Corona – das bedeutet für sie vor allem Isolation, von ihren Angehörigen, von den Mitbewohnern und der Wegfall von Veranstaltungen. Mit der Impfung, so hoffen sie, wollen sie wieder einen Schritt zurück in Richtung Normalität gehen.
Die Heimleitung hat die Aktion über den Jahreswechsel akribisch vorbereitet. Das Personal hat mit den Bewohnern zahlreiche Gespräche geführt und die auszufüllenden Unterlagen erläutert. Bei Personen, die nicht mehr selbst Entscheidungen treffen können, wurden Verwandte oder Betreuer ins Boot geholt.
Beim Aufklärungsgespräch fragt der Arzt die Bewohner noch einmal nach ihrem aktuellen Befinden. Gut, sagt eine ältere Dame, schließlich esse sie jeden Tag ihr Obst und Gemüse, damit sie gesund bleibe. Dann erfolgt die Impfung. Die habe gar nicht wehgetan, bemerkt sie anschließend. Immer mehr Senioren erscheinen zum Impfen. Auch die Haushandwerker sind vor Ort und unterstützen diejenigen, die nicht mehr so mobil sind. Dann geht das Impfteam zu den Bewohnern, die bettlägerig sind. Auch sie bekommen ihre Corona-Schutzimpfung. Anschließend werden die Bewohner der Wohnstätte für Menschen mit Behinderung geimpft sowie das Personal aus beiden Häusern. Ein Mammuttag für alle Beteiligten.
Genau drei Wochen später bin ich wieder im Alten- und Pflegeheim. Die Zweitimpfung steht an. Damit sollen die Menschen dann einen vollständigen Schutz gegen SARS-CoV-2 aufbauen können. Die Stimmung ist viel gelöster, die Senioren wissen, was auf sie zukommt. Die meisten haben die Erstimpfung gut vertragen, abgesehen von leichten Schmerzen an der Einstichstelle. Auch dieses Mal läuft die Organisation wie am Schnürchen. Die noch mobilen Bewohner kommen nach und nach zum Impfteam ins Erdgeschoss, ebenso das Personal und die Menschen mit Behinderung aus dem Nebenflügel des Gebäudes. Zwischendrin geht es zu denjenigen, die ihr Bett aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verlassen können. Am Ende des Tages haben alle ihre zweite Impfdosis bekommen.
Danke an unsere Mitarbeitenden für die manchmal vielleicht auch nervenstrapazierende Vorbereitung der Aktion, die Organisation der beiden Impftage und dass sie in der Krise für die Schwächeren ohne Wenn und Aber da sind.
Ganz lieben Dank an das medizinische und pharmazeutische Personal, das mit viel Einfühlungsvermögen die Senioren geimpft hat und den Ansprüchen des Impfstoffes gerecht geworden ist.
Unser Dank geht auch an die Johanniter, die vor Ort Großartiges geleistet haben sowie an die Malteser und den ASB, die alle gemeinsam in Leipzig die Impfungen in rund 90 Pflegeeinrichtungen durchführen und damit einen großen Beitrag leisten, die Pandemie einzudämmen.